Über die Bedeutung von Kindern innerhalb der Familie denken so manche Paare und auch die sie begleitenden Erwachsenen erst nach, wenn es zu Komplikationen im Rahmen von Trennung und Scheidung der Eltern oder um Herausnahmen von Kindern aus der Familie geht.
Als Verfahrensbeistand kann es hilfreich sein, sich die möglichen Hintergründe der Familiendynamik bewusst zu machen, um entsprechende Hypothesen zu bilden, die es im speziellen Fall aufzuklären gilt, damit hilfreiche weitere Schritte angeregt werden können.
Deshalb hier ein Blick auf die Stellung des Kindes, wie sie sich in Familien abbilden kann:
Immer wenn es darum geht, Unterlegenheitsgefühle auszugleichen, ist ein Kind ein willkommenes Mittel. Der Konkurrenzkampf zwischen den Partnern wird zugunsten desjenigen entschieden, der dem Kind näher steht (Äußerungen, Aufenthalt ..), bzw. näher zu stehen glaubt. Ein Kind kann auch, und das ist so, wenn es um Ansehen nach draußen geht, ein Wertgegenstand für einen oder auch für beide Partner sein, den man präsentieren kann und der so die Bedeutung der Erwachsenen scheinbar vergrößert. Eine andere Funktion hat es, wenn es als Schutzschild zwischen den Partnern steht; es schützt vor zu großer Nähe, nicht nur, aber auch vor körperlichem Kontakt. Nicht selten hat ein Kind die Funktion eines neuen Partners. Das, was in der Liebesbeziehung nicht geklappt hat / nicht klappt, wird mit dem Kind einfacher; denn ein Kind liebt unvoreingenommen, und alle Schuldgefühle sind erst einmal nicht da. Noch überspitzter zeigt sich die Sehnsucht nach der kindlichen Liebe dann, wenn durch das Kind der Wunsch ausgelebt wird, seine eigene Kindheit zu re-animieren. Damit ist nicht gemeint, dass sich Erwachsene davon befreien könnten zu projizieren. Aber wenn sie sich dieser Projektionen niemals bewusst werden, laufen sie Gefahr, ihr Kind für ihre eigenen Bedürfnisse und nachzuholenden Entwicklungsschritte zu missbrauchen. Wenn die Beziehung bereits brüchig ist, werden Kinder häufig als Bindeglied herangezogen mit der teils auch unbewussten Idee, den Partner abhängig zu machen. Letztendlich, besonders, wenn die Beziehung einseitig aufgegeben ist, sind Kinder ein machtvolles Instrument, eine Waffe, die „den Gegner“ nun zu bestimmtem Verhalten zwingen kann.
Man kann sich vorstellen, wie sehr die Dynamik sich noch verstärkt, wenn Familien mit mehreren Kindern zusammen leben und vor allem auch in sogenannten „Patchwork-Familien“.
Alle diese Funktionen werden zum größten Teil als un-bewusste Dynamik gelebt, und, wäre sie bewusst, dann sicher zum großen Teil nicht gewollt. In der einen oder anderen Funktion aber bedeutet sie für die Kinder ein hohes Maß an STRESS.
Nebenbei sei erwähnt, dass die aufgezeigten Funktionen von Kindern durchaus von anderen „Dritten“ übernommen werden können: zB. von der (Schwieger-)Mutter, die im Haus wohnt, von einer Geliebten, von einer Krankheit, sogar von einem Hobby, einem Haustier, einem Wertgegenstand (Haus, Auto ….) Auch das kann uns in der Arbeit als Verfahrensbeistand begegnen.
Wie aber sollte es sein bzgl. der Kinder? Welche ideale Vorstellung existiert?
Hans Jellouschek spricht von den Ordnungen der Liebe:
- Kinder brauchen beide Eltern
- Kinder brauchen ihre Eltern als Eltern-Paar und als Liebes-Paar
- Kinder können niemals Partner sein