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Um sich ein Bild davon zu machen, wie die gesetzlichen Vorschriften im Kindschaftsrecht wirken und warum das so ist, greifen wir auf ein Bild zurück:
Gesetzliche Vorschriften im Kindschaftsrecht sind für uns vergleichbar mit den Medikamenten in einer Apotheke.
In einer Apotheke sind Medikamente getrennt voneinander in ordentlich beschrifteten Schubladen untergebracht. Ihre jeweilige Wirkung reicht von harmlos bis tödlich. Ob tödlich oder gesundheitsfördernd – die Wirkung im einzelnen ist von Dosierung und konkreter Konstitution des Patienten abhängig. Fast immer ist von unerwünschten Nebenwirkungen auszugehen. Vor ihrer Anwendung ist der Beipackzettel zu beachten. Überdies werden auch harmlose Medikamente nur von Fachkräften ausgereicht, die sich in einem langen Studium ausschließlich darauf spezialisiert haben. Gefährlichere Mittel werden nur verkauft, wenn sie von einem ebenfalls speziell ausgebildeten und staatlich geprüften Arzt verordnet wurden.
Bei den Vorschriften des Kindschaftsrechts erscheinen Ausgangssituation und Wirkung mit Medikamenten aus der Apotheke vergleichbar. Sie sollen Fehlentwicklungen bei Kindern prophylaktisch vermeiden helfen, beziehungsweise eingetretene Erkrankungen des Kindes mit dem Ziel baldiger Gesundung wirksam behandeln. Dafür sind Grundsätze und Verhaltensmaßregeln aufgestellt, ebenso wie unterschiedlich wirkende Interventionsformen (= Medikamente) vorgesehen. Alles ist fein getrennt und gut beschriftet in verschiedenen Schubladen (= gesonderte Verfahren) einsortiert. Die Schubladen ihrerseits sind blockweise hierarchisch angeordnet. Die beiden oberen Etagen enthalten grundlegende allgemein gültige Anwendungsvorschriften. Diese müssen bei Gebrauch der nachfolgenden Vorschriften immer mit beachtet werden. Die einzelnen weiteren Vorschriften sind voneinander getrennt und abgegrenzt. Sie signalisieren damit eine scheinbar genau dem entsprechende kindliche Bedürftigkeit. Ihre Komplexität und Wechselbezüglichkeit wird dabei ausgeblendet.
Die einzelnen Schubladen dürfen nur von einem Richter geöffnet und Medikamente daraus zum Zwecke der Heilung auch nur von ihm ausgeteilt werden.
Von diesem Bild ausgehend mag die Gefährlichkeit der Situation bewusst werden:
Der Richter ist im Hinblick auf zukünftigen Verlauf der Wirkungsweise des jeweiligen Medikaments auf den konkreten Patienten nicht ausgebildet. Er hat kaum Kenntnis von der stets zu beachtenden konkreten Konstitution des jeweiligen „Patienten“ und der ihn weiter behandelnden Menschen.
Vorschriften zur Dosierung gibt es kaum. Der dafür zur Verfügung gestellte Begriff „Kindeswohl“ erweist sich als irreführend und untauglich. Die Anordnung der Schubladen beziehungsweise Verfahrensarten lässt, bezogen auf die Kindsituation, oft nicht das zutreffende Problem erkennen. Der Griff in die falsche Schublade und die Ausgabe einer falschen Dosis eines falschen Mittels auf dem Hintergrund falscher Verordnung erscheint vorprogrammiert.
Die Bezeichnung „Giftschrank“ kann die besondere Problematik symbolisch nahe bringen. Auf diesem Hintergrund besteht die Herausforderung darin, die Sinnhaftigkeit des jeweils vorliegenden Verfahrens im Hinblick auf das angestrebte Ziel vor Anwendung und bei Anwendung immer wieder zu überprüfen und notfalls fachlichen Rat einzuholen.
Es wird deutlich, dass im Kindschaftsverfahren zum Schutz der Kindesrechte ein besonders qualifizierter Vertreter auf Seiten des Kindes in jedem Fall NOT-wendig ist.
Einzelheiten und Strategien für die positive Nutzung des heute mehr denn je reformbedürftigen „Giftschrankes“ vermitteln wir in unsern Seminaren.